Wie der Vater, so der Sohn – und die Tochter
Der Auftritt des Vliesstoffherstellers Nanowetlaids am Gemeinschaftsstand des Bundeswirtschaftsministeriums für junge Unternehmen fällt so unscheinbar aus, dass niemand ahnen kann, dort auf Außergewöhnliches zu stoßen: eine Textilfamilie mit Jahrzehnten erblicher Faser-Erfahrung.
„Letzte Woche kam der Anruf meines Sohnes“, erzählt Paul A. Senn (oben). „Kannst du mich auf der Techtextil vertreten? Ich schaffe es leider nicht“, klagte der Junior. Der Grund: Er müsse genau in dieser Woche im brandenburgischen Friedrichsdorf die Produktion von Vliesstoffen überwachen. Sohn Philipp Senn liefert von dort aus mit seiner Firma Nanowetlaids seit letztem Jahr spezielles Vliesfasermaterial für Automobil-, Hygiene- und Filtrationsanwendungen. „Natürlich“, antwortete der Papa. Zwar habe er nach eigenen Worten nicht so viel Ahnung von Vliesstoffen wie der Sohnemann, der sich laut Aussagen von Senn senior schon früh für dieses Material interessiert habe. Aber der Junior wusste natürlich, warum er den Papa um Hilfe bat.
Textilfamilie: Großvater, Vater, Sohn und Tochter
Denn der hatte schon Anfang der 1970er die Samtex Textil-Handels-GmbH gegründet, verkaufte Stoffe an Bekleidungsfirmen. „Ich habe jeden Strukturwandel der Textilindustrie in den letzten 60 Jahren mitgemacht“, sagt Senn der Ältere. Nach dem Studium zum Textilingenieur an der Hochschule Reutlingen (Sohn Philipp absolvierte dort später den gleichen Studiengang) habe er zunächst bei einem Chemiefaserhersteller gearbeitet, der im Zuge der Globalisierung jedoch in ziemlich schwieriges Fahrwasser geraten sei. Also gründete Senn die Samtex. Doch auch hier rissen Globalisierungsprozesse in den 90ern wichtige Fäden ab. „Ich bin dann Anfang der 2000er-Jahre mit meiner Frau in die Innere Mongolei aufgebrochen, um dort eine Kaschmir-Produktion aufzubauen“, erinnert er sich. Und wirft unvermittelt ein: „Übrigens: Mein Vater war auch schon Textiler, er hat in einer Fabrik im Schwarzwald gearbeitet.“
Auf die Frage, wer denn eigentlich ihn in seiner Firma vertrete, während er hier den Platz des Sohnes einnimmt, erwidert Senn: „Na, da ist doch schon seit einer ganzen Weile meine Tochter Eva Inhaberin.“ Wie bitte, die Tochter macht auch Textil?! „Aber natürlich“, sagt Senn. Ob er denn keine Angst habe, dass alle Senns ihre Entscheidung beim nächsten Textil-Strukturwandel bereuen. „Kein bisschen“, lautet die Antwort. „Schauen Sie mal, wie groß diese Messe ist, wie viele spannende Unternehmen hier ausstellen“, sagt er mit ausladender Geste in die Halle hinein. Und fügt nach kurzer Pause hinzu: „Ich bin sehr stolz auf meine Kinder.“
Zum Titelbild: Textilpapa: Tochter Eva und Sohn Philipp folgen dem textilen Lebensfaden von Vater Paul Senn