Wenn möglich, bitte wenden

Wir spinnen mal: Hätte Johann Wolfgang von Goethe seine Tragödie Faust irgendwann in den letzten Jahren geschrieben, hätte die berühmte Gretchen-Frage wohl auch lauten können: „Nun sag, wie hast du’s mit der Energiewende?“ (im Original: „…wie hast du’s mit der Religion?“). Die Meinungsspanne zur Umsetzung einer nachhaltigen Energieversorgung durch erneuerbare Energien in den Bereichen Wärme, Strom und Mobilität reicht von krasser Ablehnung (unbezahlbar, unüberlegt) über Desinteresse (langsam reicht‘s) bis hin zu leidenschaftlicher Befürwortung (notwendig, zukunftsweisend). In diesem Debatten-Klima weckt eine Broschüre über textile Beiträge zur Energiewende, unter dem Namen „energie | textil“ herausgegeben vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie und dem Forschungskuratorium Textil e. V., natürlich unsere Aufmerksamkeit.

Technische Textilien können zu einem Gelingen der Energiewende beitragen, denn gleich auf der siebenten von 44 Seiten („Vom Winde gedreht“) lesen wir, dass ohne glas- oder kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff kein Windrad seine Runden drehen könnte, dass durch Farbstoffsolarzellen textile Stadiondächer und Markisen zu Stromerzeugern aufgerüstet werden (S. 8, „Markisenstrom“) und mit dem Bau einer innovativen Brücke offenbar der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid reduziert werden kann (S. 10, „Wie eine Brücke CO2 spart“). Donnerwetter. Weiter geht’s mit Einblicken in textile Innovationen, Forschungsausblicken sowie zahlreichen Stimmen von Branchenvertretern zum Potenzial technischer Textilien und Anforderungen ihrer künftigen Umsetzung entlang der Aspektachse Nachhaltigkeit, Energie, Umwelt und Wirtschaftlichkeit.

Moment mal – ist Deutschland nicht Weltmarktführer im Bereich der technischen Textilien? Und hat das ehemalige Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – offenbar Feuer und Flamme (regenerativ, versteht sich) für das Thema, wurde es doch kürzlich gar in Bundesministerium für Wirtschaft und Energie umbenannt – nicht eben erst verlautbart, Ziel der neuen Wende sei es auch, im Ausland Nachahmer dafür zu finden? Findet hier zusammen, was zusammengehört?

Naja, das sollen die mal unter sich klären. Wir lesen lieber noch ein bisschen Goethe: „Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“

Hier geht es zur Broschüre: http://www.textilforschung.de/publikation?id=6

Bildunterschrift: Da wächst was nach – Keimlinge von Fasernesseln, aus denen sich später sogar Bettwäsche, Tischdecken und Jeans herstellen ließen (S. 44). Quelle: Institut für Pflanzenkultur e.K.

Ronny Eckert

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