Von einem, der auszog das Konfektionieren zu lernen
Als 22-jähriger Student gründete Timo Fischer 2013 den Zulieferbetrieb TEG mit nur einer Näherin. Sechs Jahre später fertigen über 50 Mitarbeiter Monat für Monat Millionen textile Autoteile für Zulieferer von Daimler, VW und Co.
Autohäuser, eine Autolackiererei, ein Gardinenstoffhersteller und ein Textilgroßhandel – im Gewerbegebiet Kaltes Feld im sächsischen Heinsdorfergrund sind Automobil und Textil nah beieinander. Die dort ebenfalls ansässige TEG Textile Expert Germany geht noch einen Schritt weiter – und vereint beide Welten. Als „Partner für den Zuschnitt, die textile Fertigung und Konfektion“, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt, hat sich der Zulieferbetrieb auf Bauteile aus Kunstleder, Vliesstoff, Aramid und andere technische Textilien spezialisiert. Bis zu anderthalb Millionen Gurtbänder, Akustikvliese für Dachhimmel, Filter und weitere Interieurteile schneiden, nähen und ultraschallschweißen die 55 TEG-Mitarbeiter Monat für Monat. Eine Erfolgsgeschichte, wie sie sich ein Lokalpolitiker für seinen Wahlkreis nur wünschen kann. Und wie so oft, begann auch sie mit Sorgen, Schweiß und schlechtem Schlaf.

Premiumqualität von Hand gefertigt: Selbst hochwertige textile Interieurteile werden am Kalten Feld in Teilen von Hand genäht / Quelle: TEG
So manche unruhige Nacht
„Die ersten vier Jahre bestand mein Alltag eigentlich nur aus Kaltakquise und Klinkenputzen“, erinnert sich Timo Fischer, Gründer und Geschäftsführer der TEG. Vor allem die Sorgen um Liquidität und die Löhne der Mitarbeiter hätten ihm schlaflose Nächte bereitet. „Man investiert ja erst mal voll auf Risiko“, sagt Fischer, der das Unternehmen während seines Maschinenbau-Studiums an der Uni Chemnitz quasi aus dem Seminarraum heraus gründete. Wäre er in dieser Zeit nicht lieber mit Kommilitonen um die Häuser gezogen? „Ich wollte immer schon etwas Eigenes auf die Beine stellen“, erklärt Fischer, der nie eine Zeile für einen Businessplan geschrieben hat. Am Anfang seien vor allem die fehlenden Referenzen eine Herausforderung gewesen. „Es war paradox: Die häufigste Frage von potenziellen Kunden lautete: ‚Welche Referenzen haben Sie?‘“, sagt Fischer. „Sie könnten unsere erste sein“, habe er dann geantwortet, bevor man ihn freundlich hinauskomplimentierte.

Automatisierte Fertigung: Auch der passgenaue Laserzuschnitt technischer Textilen sowie deren automatische Anpassung gehören zum Leistungsspektrum der TEG / Quelle: TEG
Zufall als Businesspartner
Erst der Zufall wendete 2017 das Blatt. Einem Unternehmen, das eine andere Firma geschluckt hatte, fehlten die Kapazitäten für den ebenfalls eingekauften Zuschnitt von Airbagteilen. Der Auftrag ging an die TEG. Und von da an hieß es: „Sie schaffen 40 000 Teile pro Woche? Dann haben wir was für Sie.“ Nun konfektionierte sich der Erfolg fast von selbst. Doch warum der riskante Einstieg in die textile Lohn-Konfektionierung, die kaum noch in Deutschland stattfindet, weil die (niedrigen) Preise vor allem in Osteuropa diktiert werden? „Mein Vater stellt mit seiner Firma Sondermaschinen für die Textilindustrie her“, sagt Fischer. Er sei deshalb schon als Schüler viel in der textilen Welt unterwegs gewesen, habe verschiedene Herstellungsschritte kennengelernt. An der Konfektionierung, laut Gabler-Wirtschaftslexikon die „letzte Fertigungsstufe eines Erzeugnisses, das aus einer größeren Roh- oder Grundstoffmenge bzw. Produkteinheit gewonnen wird“, fasziniere ihn die Mischung aus Technik und Textil. „Wir sind Prozessspezialisten“, betont er. In der Flexibilität der betrieblichen Fertigungsprozesse liege das Geheimnis, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Ausbilden gegen die Nachwuchssorgen
Die Näherin, mit der er 2013 den Betrieb aufnahm und anfangs Filter und textile Schläuche für Autowaschanlagen konfektionierte, arbeitet nach wie vor im Unternehmen. Doch Fischer hat das gleiche Problem wie andere Firmenchefs: Er findet kaum Nachwuchs. Deshalb bildet die TEG ab nächstem Jahr selbst aus, zunächst Textil- und Modenäher/innen. Am Kalten Feld mietete sich die Firma übrigens 2016 ein. Eineinhalb Jahre später kaufte Fischer das komplette Gebäude, um die Produktionsfläche zu erweitern. „Eigentlich“, sagt er, „wird es schon wieder eng.“