#ThrowbackThursday: Kunst auf Techtextil
Für die diesjährige Techtextil hatten die Künstlerin Deidi von Schaewen und die auf Architektur und Design spezialisierte Online-Rechercheplattform „Architonic“ die Ausstellung „Textiled Spaces“ mit Fotografien textilverhüllter Objekte und Gebäude aus der ganzen Welt organisiert. Zeit, ein paar Erinnerungen zu enthüllen.
„Ich finde verhüllte Objekte ungemein spannend, denn sie spielen mit der Erwartungshaltung des Betrachters“, erklärte uns die weltweit agierende Architekturfotografin von Schaewen während der Vernissage zur Ausstellung. „Gerade in der heutigen Zeit, in der über das Internet nahezu alles jederzeit sichtbar ist, verbirgt sich im Betrachten verhüllter Objekte ein faszinierender Bruch, der zum Verweilen und Nachdenken einlädt, weil das Verborgene Raum bietet für Fantasie und Interpretation“, so die in Paris lebende Künstlerin, deren bis in die 1960er Jahre zurückreichenden Verhüllungsfotos bereits in Magazinen wie „art“, „Elle Decoration“ und „Architecture d’Aujourdhui“ abgedruckt wurden. Aber ist die Idee, eine Ausstellung der „Schönen Künste“ auf einer Messe für technische Textilien und Vliesstoffe einzurichten, nicht etwas abwegig, sozusagen: neben der Naht?

Ungewohntes Bild: Für ein Solobild mit Dame stellte sich die Fotografin zur Abwechslung mal vor statt hinter die Kamera
„Ungewöhnlich ja, abwegig keineswegs“, kontert Architonic-Mitgründer Tobias Lutz, der die Idee zu der Ausstellung hatte und gezielt die Techtextil als Vorführungsort auswählte, jeden Anflug von Skepsis. „Ganz im Gegenteil würde ich sogar sagen: Wenn nicht hier, wo dann? Alle auf der Messe präsentierten Verhüllungsbilder zeigten sowohl die Vielfalt in der Anwendung als auch die Ästhetik des Materials Textil“, so Lutz, der die Ausstellung auch kuratiert hat. Die Fotos böten dem Betrachter eine ungewohnte Perspektive auf das Zusammenspiel von Textil und Architektur, indem sie technische Textilien als Verhüllungsmaterialien in ungewöhnlichen urbanen und öffentlichen Kontexten zeigten. Videos und Bilder der Ausstellung „Textiled Spaces“ gibt es hier.
Das leuchtet unmittelbar ein: Technische Textilien, die – dem Nutzer häufig verborgen – in Flugzeugen, Autos, Windkraftanlagen und mittlerweile sogar Robotern für mehr Festigkeit, größere Leichtigkeit und verbesserte Energieeffizienz sorgen, rücken bei von Schaewens Bildern in ihrer Verwendung und Funktion in den (optischen) Mittelpunkt. Die textilen Materialien machen das Flüchtige und Vorläufige in der Architektur, denn an den Gebäuden unter den textilen Hüllen vollzieht sich ja Veränderung, für den Betrachter sichtbar.

Unter Textilien: Die Ausstellung fand während des laufenden Messebetriebs in Halle 4.1 statt und stieß laut von Schaewen auf große Resonanz
Erst durch das verhüllende Textil wird die Vergänglichkeit von Bauten und urbanen Installationen sichtbar, erst das Verbergen zeigt den Wandel an der Sollbruchstelle zwischen dem verdeckten alten, vergehenden Zustand und dem neuen, kommenden, der noch nicht enthüllt ist. Das hat Friedrich Schiller („Das Schöne, das Wahre, das Gute“) so auch nicht läuten zu hören vermocht: technische Textilien können sogar schöngeistig.