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Textiler Mundschutz gegen Coronavirus

Am 11. März erklärte die WHO das Coronavirus zur weltweiten Pandemie. Weltweit fragen sich die Menschen: Wie kann ich mich schützen? Textilforscherin und Biologin Dr. Anja Gerhardts erklärt, wie ein handelsüblicher Mundschutz wirkt – und wie nicht.

Frau Dr. Gerhardts, hat das Coronavirus Einfluss auf Ihren derzeitigen Arbeitsalltag?

Ja, absolut. Das Thema Mundschutz zum Beispiel beschäftigt uns aktuell sehr.

Inwiefern?

Uns erreichen täglich Anfragen aus der Industrie mit der Bitte, neue Materialien auf ihre Schutzwirkung und ihre Eignung als Mundschutz zu prüfen. Weil viele der Materialien bisher nicht für eine solche Anwendung geschweige denn für den Virenschutz genutzt worden sind, muss intensiv untersucht werden, ob sie sich dafür überhaupt eignen. Auch antivirale Ausrüstungen, etwa für Reinigungstücher, rücken gerade wieder stärker in den Forschungsfokus.

Dr. Anja Gerhardts, Forschungsleiterin bei Hohenstein / Quelle: Hohenstein

Dr. Anja Gerhardts, Forschungsleiterin bei Hohenstein / Quelle: Hohenstein

Kann man sich als Privatperson mit einem Mundschutz vor einer Ansteckung schützen?

Ein einfacher Mundschutz, der in der Regel aus Vliesstoff besteht, bietet keinen ausreichenden Schutz. Er ist viel zu durchlässig, außerdem könnten Viren immer noch über die Schleimhäute der Augen aufgenommen werden. Viren sind winzig klein, ihre Größe liegt im Nanometerbereich, deshalb muss das Material eine hohe Dichtigkeit aufweisen, um effizient zu schützen. Leider ist das bei einem Mundschutz, bei dem es sich eher um einen Spritzschutz handelt, nicht der Fall.

Also kann man den Mundschutz gleich ganz weglassen?

Nicht unbedingt. Er schützt durchaus, allerdings anders, als viele denken: Wird er von einer infizierten Person korrekt getragen, also eng über Nase und Mund und außerdem nicht zu lange, damit er nicht durchfeuchtet, fängt er infektiöse Aerosole auf, die beim Niesen und Husten freigesetzt werden. Infizierte Personen, die sich im öffentlichen Umfeld bewegen müssen, können andere mit einem Mundschutz also vor einer Ansteckung schützen und so eine Verbreitung der Krankheitserreger verhindern.

Schützende Textilforschung: Bei Hohenstein arbeiten Forscher an Methoden und Verfahren zur Überprüfung der Schutzwirkung von Textilien / Quelle: Hohenstein

Schützende Textilforschung: Bei Hohenstein arbeiten Forscher an Methoden und Verfahren zur Überprüfung der Schutzwirkung von Textilien / Quelle: Hohenstein

Wie verhält es sich mit Atemschutzmasken?

Deren Schutzwirkung liegt deutlich höher, denn sie bestehen aus mehreren Lagen Vliesstoff und solchen aus absorbierenden und elektrostatischen Materialien. Viren und Partikel werden dadurch sehr viel besser aus der Luft zurückgehalten als mit einem einfachen Mundschutz. Es gibt bei Atemschutzmasken verschiedene Schutzstufen, abhängig davon, wie gut Stäube, Krankheitserreger und flüssige wie feste Partikel zurückgehalten werden.

Textilien sind in Krankenhäusern und Pflegeheimen täglich im Einsatz, etwa als OP-Kittel, Wundauflagen, Bandagen oder Orthesen. Können Fasern helfen, die Ausbreitung von Viren zu verhindern?

Um die Verbreitung und Überlebensdauer von Krankheitserregern und Viren in der Umwelt zu reduzieren und zu verkürzen, besitzen beispielsweise OP-Kittel eine Barrierefunktion. Außerdem sind patientennahe Textilien mit antimikrobiellen Wirkstoffen beschichtet. Das Ziel ist es, Infektionsketten zu unterbrechen und die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung herabzusetzen.

Frau Dr. Gerhardts, vielen Dank für das Gespräch.

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Dr. Anja Gerhardts ist seit 2017 Leiterin Forschung & Entwicklung bei Hohenstein, einem Forschungs- und Dienstleistungszentrum in der Nähe von Stuttgart. Textilforscher, Biologen und Chemiker entwickeln hier unter anderem Methoden zur Untersuchung der Wirksamkeit antimikrobieller Textilien, überprüfen die Leistung von Waschverfahren und untersuchen die Übertragungswege von Krankheitserregern, um Infektionsketten besser unterbrechen zu können.

Weitere Informationen:

Wäschereibetriebe finden hier Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Umgang mit dem Coronavirus in der Wäscherei.

Arztpraxen, Senioren- und Pflegeeinrichtungen finden hier eine erste Anlaufstelle, wenn sie die Wirksamkeit desinfizierender Waschverfahren prüfen lassen wollen.

Ronny Eckert

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