Faserstarter: Das textile Fahrradschloss

„Radklau ist ein Massendelikt“, ließ sich Ulrich Syberg, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, in der „Welt“ zitieren. Er scheint nicht zu übertreiben: In Deutschland erleiden jährlich über 300.000 Fahrräder den Schicksalssprung vom Radweg hin zu „Rad weg!“. Ein Start-up aus Leipzig will Diebe deshalb künftig am Fahrradschloss aus Fasern verzweifeln lassen.

Allein in Berlin verschwinden täglich 88 Fahrräder. Kein Wunder, dass Experten dazu raten, fünf bis zehn Prozent der Fahrrad-Kaufsumme in ein hochwertiges Schloss zu investieren. Die Wahl fällt in der Regel auf Rahmen-, Kabel- oder Bügelschloss; so manch ein Drahtesel kommt gar an die Panzerkette. „Solche Fahrradschlösser werden oft als unhandlich und schwer empfunden“, sagt Alexandra Baum, die deshalb gemeinsam mit zwei Mitstreiterinnen das textile Fahrradschloss als leichte und flexible Alternative ans Rad bringen will.

Hochleistungsfaser-Seilschaft: Die Gründerinnen Katja Käseberg, Alexandra Baum und Suse Brand (v.l.n.r.) wollen nicht das Rad, sondern dessen Schloss neu erfinden (Quelle: Texlock)

Hochleistungsfaser-Seilschaft: Die Gründerinnen Katja Käseberg, Alexandra Baum und Suse Brand (v.l.n.r.) wollen nicht das Rad, sondern dessen Schloss neu erfinden (Quelle: Texlock)

Auf den ersten Blick ähnelt das „Texlock“ genannte Schloss einem handelsüblichen Seil, das sich durchaus mit einer Schere und etwas Muße auftrennen lassen sollte. Doch der Eindruck täuscht. Das weltweit zum Patent angemeldete System besteht aus einem Mehrlagengeflecht verschiedenartiger Hochleistungsfasern – und das zeigt mal wieder: Der Zusammenhalt zählt. Denn jede Lage erfüllt eine bestimmte Funktion: Während die obere Faserschicht nur der Optik dient, fungiert eine weitere als Schnittschutz gegen Bolzenschneider und anderes Diebesgerät; eine dritte Schicht sorgt für mechanische Stabilität, während eine weitere Lage wiederum für die Hitzeresistenz zuständig ist.

Nach rund zweijähriger Entwicklungsarbeit ist seit Mitte des Jahres der Prototyp fertig – und bekam prompt eine Nominierung für den Ideenwettbewerb von „futureSAX“, der sächsischen Innovationsplattform. Aktuell testen und optimieren die drei Faserstarterinnen das textile Sicherungsseil und dessen Verschluss. Anfang 2017 soll eine Crowdfunding-Kampagne dann das nötige „Kleingeld“ für die Markteinführung bringen. Und dann heißt es wohl auch bald: Fasern gegen Diebe – Round One, Fight!

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In eigener Sache: Unter der neuen Rubrik „Faserstarter“ werden wir künftig Firmen, Menschen und Interessantes aus der textilen Start-up-Szene präsentieren. Das „Silizium-Tal“ kennt ja inzwischen jeder, das „Faser-Tal“ (Fiber Valley) noch nicht.

Ronny Eckert

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2 Kommentare
  1. Thedd Heldeis sagt:

    Die bisherigen Produktinformationen wecken zweifelsohne das technische und sicherheitsbezogene Empfinden und Denken.
    Bisher gemachte unternehmensinterne Erfahrungen/Notwendigkeiten und sich daraus entwickelnde Preisvorstellungen sollten zeitnah das Interesse des hierauf bezogenen Fahrradfans unterstützen.

    Ich freue mich auf ein weiterhin gutes Gelingen!

2 Pings
  1. Ein paar Schritte voraus – Techtextil Blog der Messe Frankfurt
  2. Die geflochtene Fahrradspeiche – Techtextil Blog der Messe Frankfurt

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