Superman würde weinen

Es gibt Termine, da will keiner hin. Und es gibt Termine am Bodensee! Noch bevor wir überhaupt wussten, warum wir uns auf den Weg machen sollten, saßen wir schon im Flieger Richtung Friedrichshafen. Dort angekommen, erwies sich – neben dem Bodensee-Panorama – die 5. Anwendertagung „Textilbeton in Theorie und Praxis“ des TUDALIT e.V. als Volltreffer für unsere journalistischen Augen und Ohren.

Vor Ort gaben Textilwissenschaftler und -praktiker in Vorträgen und Gesprächen Einblick in ihre Betontextilwelten. Da ging es um neue Möglichkeiten faserverstärkter Brückenstabilisierung, den erhofft baldigen massenhaften Einsatz von carbon- und glasfaserbasierten Textilbetonen im Hochbau und das enorme Potenzial dieser Faserverbünde für die Baubranche generell. Fest steht: Carbon ist härter als Stahl, was die Brücken- und Gebäudefestigkeit erhöht. Auch haben Carbon- und Glasfasern zu Wasser ein ähnliches Verhältnis wie Superman zu Pistolenkugeln – sie können ihm einfach nichts anhaben. Aufgrund der Korrosionsbeständigkeit erübrigen sich beim faserbasierten Baumaterial der Zukunft die bei Stahl unvermeidlichen und wirtschaftlich aufwendigen Reparaturen möglicher Rostschäden.

Vertreter aus Industrie und Wissenschaft waren zahlreich vertreten.

Volles Haus am Bodensee

Kein Wunder also, dass Wolf-Rüdiger Baumann, Hauptgeschäftsführer beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, kürzlich in der WirtschaftsWoche (Nr. 43) betonte, CFK habe das Potenzial, „zum Stahl des 21. Jahrhunderts“ zu werden. Bei diesen „fasertastischen“ Zukunftsaussichten dürfte die nächste Techtextil vom 5. – 7. Mai 2015 auch für Bauunternehmer, Ingenieure und Architekten interessant werden. Bis dahin, so hieß es auf der Tagung des TUDALIT-Verbandes vor und hinter den Kulissen, dürfte sich in Sachen allgemeiner Baustoffzulassung für dieses Material in Deutschland einiges zum Wohle des textilen Bauens getan haben.

In künftigen Flugzeugen kohlefaserbasiert – ein Strahltriebwerk des experimentellen senkrechtstartenden und -landenden Strahltransporters DO 31 E1 VTOL mit Schaufeln aus Titan

In künftigen Flugzeugen kohlefaserbasiert – ein Strahltriebwerk des experimentellen senkrechtstartenden und -landenden Strahltransporters DO 31 E1 VTOL mit Schaufeln aus Titan

Branchenwechsel. Dass Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing ihre Flieger zum Teil schon zur Hälfte mit Bauteilen aus Carbonfaserverbundwerkstoffen herstellen, ist – noch im Gegensatz zur aktuellen Situation am Bau – fast schon ein alter Hut. Rumpfteile und Flügel aus Carbon helfen, zusätzlich zum Vorteil ihrer enormen Festigkeit, Gewicht und somit Kerosin einzusparen. Diesem Sparpotenzial-Charme kann keine wirtschaftlich denkende Airline widerstehen. Am Rande der Veranstaltung erfuhren wir gar, dass derzeit bei den Flugzeugbauern bereits konkrete Arbeiten liefen, Flieger in den kommenden Jahren mit kohlenstofffaserbasierten Turbinenschaufeln aus der Werkshalle rollen zu lassen. Leichter, aber dennoch härter als Titan, könnten so pro Turbine zusätzlich bis zu 200 kg Gewicht eingespart werden. Härter als Titan? Superman, der Mann aus Stahl, würde vermutlich weinen.

Ronny Eckert

Ronny Eckert

Über Ronny Eckert

Mehr zu den Autoren

Zeige alle Beiträge von Ronny Eckert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*