Start-up Richtung Textil
Während sich viele noch fragen, ob sich „Start-up“ nun mit oder ohne Bindestrich schreibt, schießen Unternehmen dieser Gattung wie Garagen aus dem Boden einer entstehenden Reihenhaussiedlung. Vor allem Berlin produziert Start-ups im gefühlten Minutentakt, die oft unerschrocken in wohl geordnete Branchen vorstoßen, um diese mit neuen Ideen kräftig aufzumischen. Auch die Textilbranche spürt den frischen Wind der jungen Wilden, wie das Beispiel der Suragus GmbH aus Dresden zeigt.
Deren Startschuss fiel 2010, als der heutige Suragus-Chef Marcus Klein und drei seiner Kollegen am Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren Dresden (IZFP) eine Methode entwickelten, unter anderem Faser- und Verbundwerkstoffe zerstörungsfrei prüfen zu können. Das war damals neu – und ist bis heute einzigartig. Ganz nach dem Motto „Drum prüfet, bevor ihr euch verbindet“ lassen sich aus mehreren Lagen zu einem Stück verbundene Bauteile aus Carbonfasern schon während ihrer aufwändigen Fertigung durch Sensoren bis tief in die Faserstruktur elektromagnetisch – und somit berührungsfrei – überwachen. Das erhöht die Sicherheit, spart Material und damit bares Geld.
Vor der Pionierarbeit der jungen Ingenieure mussten bis zu zehnlagige Faserverbundwerkstoffe nach Fertigstellung optisch oder per Ultraschall auf Materialfehler, Lufteinschlüsse oder Risse überprüft werden – Fehler in der komplizierten und für die Stabilität des Bauteils wichtigen Faserstruktur blieben mitunter verborgen. Kribbelig für Unternehmen aus Luftfahrt, Automotive und Industrie. Inzwischen setzen sie die neuartige Prüftechnik ein, um die Sicherheit ihrer Verbundwerkstoffe zu gewährleisten.
Die innovative Methode überzeugte auch Jurys von Innovationspreisen: 2013 gab es zum Beispiel einen Preis des Freistaates Sachsen, dessen Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro laut Richard Kupke, Projektleiter Carbonfaserprüfung, in Teilen sofort reinvestiert wurde – in einen Kaffeevollautomaten, der die mittlerweile 17 Softwareentwickler, Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler und Vertriebler zuverlässig mit „Treibstoff“ versorgt.
Typisch Start-up: Jeden Morgen gibt es ein gemeinsames Brötchen-Frühstück, einmal in der Woche Sport – Fußball, Hockey, Tischtennis usw. – und halbjährliche Teamevents, wie etwa den Besuch einer Go-Kart-Bahn. Einen Kicker (s. Foto oben) gibt es natürlich auch, klar. Also: Bringt den Tisch gerne mit zur nächsten Techtextil – wir nehmen die Herausforderung an!
Ronny Eckert