Spinnseide für die Medizin
Ein weiteres Beispiel für ein neuartiges biobasiertes Fasermaterial kommt aus der Bionikforschung und wurde dem Vorbild der Spinne nachempfunden. Denn die von Spinnen in der freien Natur produzierten Fasern und Netze haben eine einzigartige Stabilität bei gleichzeitiger Dehnbarkeit. Spinnseide weist in Bezug auf seine hauchfeine Struktur eine Festigkeit wie Stahl auf und ist elastisch wie Gummi. Seit Jahren versuchen Wissenschaftler, das Rätsel der Spinnseide zu lüften und sie industriell nachzubauen. Der AMSilk AG und Prof. Dr. Thomas Scheibel von der Universität Bayreuth ist dies nun gelungen. Auf Basis eines traditionellen Fermentationsprozesses unter Verwendung gentechnisch veränderter Bakterien lassen sich Spinnseidenproteine erstmals in beliebiger Menge für unterschiedlichste Anwendungen erzeugen. Obwohl an der industriellen Herstellung von Fäden auf Basis von Spinnseidenproteinen immer noch geforscht wird, ist die Erzeugung von Rohmaterial in Kugeln, Membranen, Filmen und Folien bereits möglich. So lässt sich mit einer verdünnten Seidenlösung z.B. ein Spinnenseidenfilm bzw. eine Spinnenseidenfolie erzeugen. Diese neuartige Produktionstechnik macht die gezielte Veränderbarkeit und kontrollierbare Formgebung von Seidenproteinen möglich und eröffnet den Einsatz für erste Seidenprodukte in Industrie und Technik.
Aufgrund der sehr guten Verträglichkeit von Spinnseidenproteinen für den Menschen ist der Einsatz für Kosmetika, medizinische Implantate und als Nahtmaterial denkbar. Derzeit werden auch Untersuchungen an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) durchgeführt, um Seide der goldenen Radnetzspinnen aus Tansania zur Züchtung künstlicher Haut einzusetzen. AMSilk hat 24-well Zellkulturplatten im Programm, die wahlweise mit einer dünnen Seidenbeschichtung versehen wurden oder eine offenporige Schaummatrix aus Spinnenseide enthalten. Zudem sind begrenzte Mengen an 24-well-Platten mit Inserts aus Spinnenseiden-Vliesstoffen erhältlich. Seit Februar 2013 bietet AMSilk alle Forschungskits mit Forschungslizenz an. Prof. Dr. Thomas Scheibel sagt „Die von uns entwickelte Technologieplattform erlaubt weltweit erstmalig die Etablierung von Produkten auf Basis von Spinnenseidenproteinen. Es ist absehbar, dass in Kürze erste Biotech-Spinnenseiden-Produkte auf den Markt kommen.“
Beitragsbild: Quelle – Prof. Dr. Thomas Scheibel/ Universität Bayreuth