Smarte Fäden
Wie die Fäden einer emsigen Spinne wachsen derzeit smarte Garne aus der Textilindustrie in vielerlei Branchen, etwa Mode, Automobil oder Luftfahrt. Dort leuchten, leiten, messen und wärmen sie direkt aus dem Stoff. Und das smarte Netzwerk nimmt weiter Form an.
„Wir wollen zeigen, wie intelligente Textilien wirken“, sagt Sophia Krinner, Produktmanagerin beim Textilmaschinenhersteller Karl Mayer. Das Wort „Wirken“ ist Programm: Denn die Spinnen-Steuer-Bandage, die per Infrarotschnittstelle mit dem kleinen Krabbeltier auf dem Fußballtisch kommuniziert, stammt von einer Wirkmaschine des Unternehmens aus dem hessischen Obertshausen. Die leitfähigen Fäden im Gewirk aus Polyamid und deren Verschaltung hat das Textilforschungsinstitut Thüringen Vogtland e.V. beigesteuert.
„Mittels Wirken lassen sich leitfähige Fäden und damit die smarten Funktionen ohne zusätzliche Fertigungsschritte im laufenden Prozess in das textile Grundmaterial einarbeiten“, erklärt Krinner. „Smarte Textilien sind für uns eindeutig eine Zukunftstechnologie“, sagt die Managerin, die auch keine Sorge haben muss, falls die Batterie ihres Smartphones schlapp zu machen droht: Direkt neben dem Spinnen-Fußballtisch befindet sich ein smartes Induktionstextil, auf dem sie den Akku kontaktlos laden kann.

Wird (textil) geladen: Inzwischen sind leitfähige Fäden auch in der Lage, mobile Geräte kontaktlos mit Energie zu versorgen
Achtung: Smarte Textilien können überfordern
Damit setzt das Unternehmen offenkundig auf das richtige Pferd, ähh, die richtige Spinne: Laut einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums soll das weltweite Marktvolumen smarter Textilien bis 2022 auf knapp fünf Milliarden Euro anwachsen. Für 2030 wird ihnen allein für Deutschland ein Jahresumsatz von 4,2 Milliarden Euro vorhergesagt.
Das smarte Potenzial hat auch Björn Sobischek erkannt. Der Gründer des Ingenieurbüros Future Lighting Technologies präsentiert auf der Techtextil berührungslose Schalter, Leuchtkissen und Heiz-Vliese, die er unter anderem in enger Zusammenarbeit mit Automobil, Bahn- und Flugzeugherstellern entwickelt hat. Der ehemalige Automobiler gesteht: „Jeder, der smarte Textilien zum ersten Mal sieht, ist damit überfordert“. In der Automobilindustrie etwa gebe es Ingenieure für Licht, für Oberflächen, Textilien usw. „Wir aber haben in einem intelligenten Textil so viel Technologie auf einmal vereint, da glaubt uns immer keiner, dass das geht“, sagt Sobischek.

Auf den Kissen des Unternehmens Future Lighting Technologies geht jedem ein Licht auf
Smarte Musik-Licht-Performance
Das Unternehmen Lunative zeigt auf der Techtextil erstmals die „Luna Smart IoT“-Technologie. Damit sollen sich ins Textil eingearbeitete LunaLight-Komponenten per Benutzeroberfläche, Mobilgeräten oder auch komplett passiv steuern lassen. Beispielhaft wird das an einer speziellen Leuchtjacke demonstriert, deren Licht passend zum Takt beliebiger Musik „mitgeht“. Dahinter stecken Polymere Optische Fasern (POF), also Lichtwellenleiter aus Kunststoff, die vor allem bei der Datenübertragung im Einsatz sind, sich aber als Seitenlichtfasern auch für die passive Beleuchtung nutzen lassen. „Smarte Textilien sind bereit für die Serienfertigung“, ist sich Lunative-Entwicklungschef Achim Pörtner sicher.
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