Hyper, Hyper
Klimawandel, Umweltvermüllung und Bevölkerungsexplosion – die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen. Alternative Lösungen für mehr Nachhaltigkeit sind ein Muss. Einige spannende Ansätze finden sich auf dem Techtextil-Sonderareal „Urban Living – City of the Future“.
Laut Vereinten Nationen soll die Zahl der Megastädte mit jeweils mehr als zehn Millionen Menschen weltweit bis 2030 von heute 32 auf 43 steigen. Die meisten ihrer Bewohner dürften mit dem Auto von A nach B fahren wollen, von dem seit 2010 weltweit über eine Milliarde über die Straßen düsen. Das Problem: Bereits heute sieht die WHO (Weltgesundheitsorganisation) im Verkehr die am schnellsten wachsende Quelle von Kohlendioxid-Emissionen aus fossilen Brennstoffen. Alternative Transportansätze sind also ein Muss – oder besser: ein (Elon) Musk.
Der Technik-Visionär hatte 2015 einen Wettbewerb für sein Hyperloop-Projekt ins Leben gerufen. Dabei sollen künftig Kapseln in unterirdischen, luftleeren Röhren Menschen wie eine Art Rohrpost mit bis zu 1.200 Stundenkilometer transportieren – schneller und umweltschonender als ein Flugzeug, günstiger als die Bahn. Hunderte Teams präsentierten seitdem ihre Prototypen in einem 3,2 Kilometer langen Tunnel unterhalb von Los Angeles. In der Stadt hat auch Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX seinen Hauptsitz. Inzwischen sind nur noch rund 20 Teams im Rennen, darunter das der Technischen Universität Delft, das die aktuellste Version seines Hyperloop-Pods auf dem diesjährigen Techtextil-Sonderareal „Urban Living – City oft he Future“ präsentiert. Das Konzept war in Zusammenarbeit mit Creative #olland entstanden.

Hier prüft der Chef noch selbst: Bei einem früheren Testlauf schaut Elon Musk beim Hyperloop-Team der TU Delft vorbei/ Quelle: Hyperloop-Team der TU Delft
Fasern in der Röhre
„Wir sind 40 Leute im Team, die von der Konstruktion über die Fertigung bis hin zum Marketing alles selbst machen“, erzählen die TU-Delft-Studentinnen Chiana Ardemani und Asja Föllmi. Dem Textil-Kenner fällt am Pod sofort die charakteristische Wabenstruktur des Chassis und der Batterieabdeckung auf: Hier ist kohlenfaserverstärkter Kunststoff im Spiel, auch Carbon genannt. Das Material verwenden die „Delfties“ nicht ohne Grund: „Die Hyperloop-Röhren sollen zwar luftleer sein, damit die Pods schneller fahren können, aber ein perfektes Vakuum gibt es nicht“, erklärt Ademani. Mit Carbon minimiere man bremsende Reibungskräfte, außerdem sei Carbon nun mal leichter als Alu, Stahl oder Titan. Genau aus diesem Grund setzen die Technik-Profis der Formel-1 auf den Werkstoff: Chassi, Flügel, Aufhängung, Monocoque und Motorabdeckung – die Rennboliden bestehen größtenteils aus dem ultraleichten Faserverbundwerkstoff.
Im Kalender des Hyperloop-Teams der Delfter Uni ist der 21. Juli fett rot markiert: Dann präsentieren die Niederländer gemeinsam mit den anderen übrig gebliebenen Teams unter den Argusaugen der SpaceX-Ingenieure ihre aktuellste Pod-Version. „Bis zu 120 Sicherheitstests müssen dann absolviert werden“, sagt Asja Föllmi. Allerdings komme es auch auf die Geschwindigkeit an: „500 Stundenkilometer wollen wir schaffen“. Damit würden die Holländer das konkurrierende Team der TU München überholen, das mit 467 Stundenkilometern bislang den Geschwindigkeitsrekord hält.

Außerdem im „Urban Living“-Areal zu finden: Aniol Lopez und Marc Benito präsentieren ihren nachhaltigen Ansatz, aus recyceltem Plastik und anderen Materialien Sonnenbrillen herzustellen