Hygieneartikel à la Houdini

Oft landen neben Toilettenpapier auch Kosmetik-, Pflege- oder Hygienetücher in der heimischen Toilette, die eigentlich – jeder prüfe sich kritisch selbst – in den Mülleimer gehören. Weil sich solche Vliesprodukte kaum bis gar nicht auflösen, schwimmen regelrechte Abfall-Inseln in Kanalisation und Klärwerk, die aufwendig entfernt werden müssen. Doch mit dem speziellen „Insel-Flair“ im Abwasser könnte bald Schluss sein.

Die Theorie: Vliesprodukte zur Hygiene und Pflege bestehen mehrheitlich aus synthetischen Fasern, die unter Verwendung chemischer Bindemittel in thermischen Verfahren verfestigt werden. Das beeinträchtigt ihre Wasserlöslichkeit ziemlich heftig, zudem sind sie häufig mit Lotionen oder Duftstoffen getränkt. Und auch wenn es kaum jemand offiziell verkündet: Kosmetikprodukte landen derart häufig achtlos in der Toilette, dass Kanalisationen und Klärwerke zunehmend verklumpen und ganze Abwassersysteme kollabieren. Weil aber der Bedarf an solchen Produkten stetig steigt, ist die Zeit reif für einen kleinen „Zaubertrick“: dem Verschwindenlassen von Hygieneartikeln. (*Ahhhh*)

Verfestigt nur mit Wasser: Grafik einer Anlage zur Herstellung der „Flushable Wipes“ aus dem Hause Andritz. Quelle: Andritz Küsters GmbH

Verfestigt nur mit Wasser: Grafik einer Anlage zur Herstellung der „Flushable Wipes“ aus dem Hause Andritz. Quelle: Andritz Küsters GmbH

Der Trick: Der Textilanlagenhersteller Andritz Küsters aus dem nordrhein-westfälischen Krefeld hat mit Schwesterunternehmen aus Frankreich ein neuartiges Nassvliesverfahren entwickelt, mit dem sich vollständig bioabbaubare Feuchtewischtücher herstellen lassen, die sich (*Trommelwirbel*) im Wasser von Toilette, Kanalisation und Klärwerk nach und nach auflösen – bis sie ganz verschwunden sind. (*stürmischer Applaus*)

Die Auflösung: Im Unterschied zu herkömmlichen Beauty-Vliesprodukten setzen die Andritz-Ingenieure auf abbaubare Cellulose- statt auf Synthesefasern, die nur per Wasserstrahl – also konzentrierter kinetischer Energie – und ohne den Einsatz chemischer Bindemittel verfestigt werden. Das erleichtert den sogenannten „Flushable Wipes“ (s. Foto oben) das Verschwinden derart, dass vermutlich sogar der Jahrhundert-Zauberkünstler Houdini, der 1918 am Times Square einen tonnenschweren Elefanten spurlos verschwinden ließ, beeindruckt gewesen wäre.

 

Ronny Eckert

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