Französischer Botschafter nimmt Studentenpreis entgegen
Bei der Preisverleihung zum Studentenwettbewerb „Textile Strukturen für neues Bauen“ nahm statt der Zweitplatzierten, namentlich Selma Durand, in der Kategorie „Material-Innovationen“ ein spezieller Gast den Preis entgegen: Der französische Botschafter in Deutschland, Philippe Etienne, sprang kurzerhand ein und zeigte sich sichtlich erfreut über die Kreativität und Innovationsfreudigkeit der Studenten.

Da strahlen sie alle, die Preisträger, aber leider in die falsche Kamera – nämlich in die viel größere unseres professionellen Fotografen-Kollegen…
Der zum 13. Mal verliehene Förderpreis sollte laut der Jury auch in diesem Jahr durch „konkret realisierbare Bauprojekte mit Textilien oder textilarmierten Werkstoffen“ kreatives Denken aufzeigen und innovative Problemlösungen sichtbar machen. Die zahlreichen Anmeldungen in den drei Kategorien „Makro-Architektur“, „Composites und Hybrid-Strukturen“ und „Material-Innovationen“ stammten größtenteils aus der EU, was sich auch an den Preisträgern erkennen ließ. So belegten sowohl den ersten als auch den zweiten Platz in der Kategorie „Makro-Architektur“ zwei Studierende der Polytechnischen Universität Madrid: Dabei sahnte den mit 1.500 Euro dotierten ersten Preis Leyre Mauleón für einen Beitrag mit dem Ziel der Wiederbelebung eines unbewohnten Dorfes in der spanischen Provinz Guadalajara ab. Bei dem Projekt wurde eine Voliere, also eine Art großer Vogelkäfig, als lichtdurchlässige bioklimatische Textilfassade, die nachts sogar einen bläulichen Schimmer abgibt, über verbliebene Bestandsgebäude des Dorfes aufgespannt.

Eindeutig luftdurchlässig: Preisträger Tobias Becker präsentiert mit einem handelsüblichen Kugelschreiber die Funktionsweise seiner „Frischluftkissenwand“
In der Kategorie „Composites und Hybrid-Strukturen“ setzte sich der 27-jährige Student der Architektur- und Stadtplanung Tobias Becker von der Universität Stuttgart durch. Sein Projekt „Breathing Skins“ untersucht die Fragestellung, wie Gebäudehüllen in einer künftigen Lebens- und Arbeitswelt (frischluftiger) wirken könnten. Bei seiner Idee werden über variable Einlassungen in der Gebäudehülle Luftaustausch, Oberflächentemperatur sowie Licht- und Schallverteilung reguliert. Das geschieht über spezielle Luftkissen (s. Foto) aus Polycarbonat – also Polyester, aus dem auch synthetische Kleidung hergestellt wird –, die sich je nach Bedarf öffnen oder schließen lassen. Nach der Preisverleihung auf sein Projekt angesprochen, sagt Tobias: „Ich bin ein echter Frischluftfanatiker. Während des Studiums musste ich allerdings viel Zeit drinnen über meinen Büchern verbringen. Da kam mir dann die Frage in den Sinn: Wie kann ich meine geliebte Frischluft ins Gebäudeinnere bringen, wie den Wänden das Atmen beibringen? Damit wollte ich die Funktion eines Fensters auf innovative und flexible Weise lösen.“ Das scheint dem Studenten gelungen: Im Rahmen seiner Diplomarbeit sollen demnächst 3.600 der kleinen (Frisch)Luftkissen auf 20 Quadratmeter Fassadenfläche an einem Pavillon des Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren in Stuttgart verbaut werden.
Und was ist mit dem Botschafter? Der entschuldigte seine Landsfrau Selma Durand aus Paris, deren Preis für das Projekt „Loop“, bei dem Einfachheit und Komplexität textilen Bauens durch flächige Strukturen abgebildet wird, er entgegennahm (s. Foto oben, auf dem Botschafter Etienne rechts neben Perle Heudeberr, einer Freundin und Kommilitonin Selmas, zu sehen ist). Auf unsere investigativ bohrenden Nachfragen (…) hat er uns am Ende dann doch verraten, dass er natürlich nicht extra angereist, sondern ohnehin auf der Techtextil unterwegs sei, um die französischen Aussteller zu besuchen, die unter anderem im französischen Pavillon in Halle 3.1, Stand B72, ihre textilen Innovationen präsentieren.