Der Teflon-Pavillon

Selbst dem Experten ist der Begriff „Polytetrafluorethylen“ zu kompliziert – er kürzt als PTFE ab, was der Volksmund als Teflon kennt. Der niederländische Star-Architekt Ben van Berkel hat aus dem Material, das auch in Anzügen von Astronauten zur Anwendung kommt, einen Faser-Space-Pavillon designt. Auf ein Wort.

Gut gelaunter Star-Architekt: Ben van Berkel inmitten seines „Space Habitats“ auf dem Techtextil-Sonderareal „Living in Space“

Herr van Berkel, was ist der Unterschied zwischen einem Großprojekt wie Ihrer Erasmus-Brücke in Rotterdam und dem „Space Habitat“ auf der Techtextil?
(Lacht) Das ist eine große Brücke, was? Beide Projekte eint der Kampf gegen die natürlichen, von außen einwirkenden Kräfte, die man als Architekt beachten muss. Auf dem Mars sind das natürlich größtenteils andere als auf der Erde.

Erzählen Sie uns etwas zum Habitat.
Es besteht aus rund 60 doppelt gekrümmten Einzelmodulen mit einer Fläche von 40 Quadratmetern, die mit PTFE-Fasermaterial unseres Partners, dem Leichtbau- und Gewebespezialisten MDT-tex, bespannt sind. Das ultraleichte Material spielt in der Raumfahrt eine große Rolle, etwa in Raumanzügen. Dort schützt es die Astronauten vor Sonneneinstrahlung, Hitze und ultraviolettem Licht. Wichtige Aspekte in einer unwirtlichen Umgebung wie jener auf dem Mars. Auch das geringe Gewicht ist entscheidend, denn in der Raumfahrt zählt jedes Gramm.

Würden Sie selbst zum Mars reisen, um vor Ort einen solchen Pavillon zu errichten?
Dazu eine Anekdote aus meiner Kindheit: Als der erste Mensch den Mond betrat, wir alle wissen, von wem ich spreche, hat mein Vater eigens für diesen Augenblick einen Farbfernseher angeschafft – es war überwältigend. Um also die Frage zu beantworten: Ich würde es machen, ich flirte ja nicht ohne Grund architektonisch mit dem Thema – allerdings bräuchte das wohl einiges an sportlicher Vorbereitung.

Warum haben Sie sich für Ihren „Mars-Flirt“ eine Textilmesse wie die Techtextil ausgesucht – und nicht eine Baumesse?
Weil es Design-Ideen in meinem Kopf gibt, die sich am besten mit Fasern umsetzen lassen. Das Material ist unglaublich flexibel, aber auch robust und funktional. Ich will mit dem Habitat außerdem zeigen: Achtung da draußen, Fasern sind ein ernstzunehmendes Baumaterial, das sich in 3-5 Jahren im größeren Stil durchsetzen wird.

Sie haben sich letztes Jahr mit Ihrem Architekturbüro UNStudio beim Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Frankfurter Deutsche-Bank-Areals (Projekt „Four“) gegen namhafte Architekten durchgesetzt. Projektentwickler Jürgen Groß sagte kürzlich sinngemäß, er hoffe, die geplante Euro-Milliarde reiche aus für das Projekt. Reicht es?
(Lacht) Das hat er gesagt? Also, ich denke, das wird reichen.

Welches Textil-Großprojekt würde Ben van Berkel mit einer Milliarde Euro umsetzen?
Ich würde einen neuartigen Campus entwerfen, der durch sein Design einlädt und dazu stimuliert, Innovationen für gesellschaftlich wichtige Bereiche wie Gesundheit, Umweltschutz und Bildung zu entwickeln. Und wenn dann noch etwas Geld übrig wäre, würde ich gleich noch einen zweiten Campus entwerfen!

Quelle Headerbild: MDT-tex & Becker Lacour

Ronny Eckert

Über Ronny Eckert

Mehr zu den Autoren

Zeige alle Beiträge von Ronny Eckert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*