Das Autointerieur von morgen: Teil 2
Nachdem wir gestern bereits Zukunftsszenarien in der Sitzumgebung im Auto gezeigt haben, folgt heute der zweite Teil. Über zehn Textil- und Lederforschungsinstitute befassen sich derzeit mit neuen Kombinationsmöglichkeiten von Smart Textiles und Werkstoffverbünden. Zu ihnen gehören auch die Techtextil-Aussteller Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland (TITV) aus Greiz, Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) in Denkendorf bei Stuttgart und das in Freiberg/Sachsen ansässige FILK Forschungsinstitut für Leder und Kunststoffbahnen.
Beispiel Leuchttextilien. Das damit federführend befasste Lichtlabor am Institut für Textil- und Verarbeitungstechnik (ITV) erforscht und präsentiert die bisher außerhalb der Fachöffentlichkeit noch weitgehend unbekannten Eigenschaften neuartiger Leuchtgarne aus eigener Herstellung: Die Materialien können in jeder gewünschten Form und Farbe und noch dazu kräftig illuminieren, selbst leuchten oder mit LEDs großflächig und ggf. auch mit dreidimensionaler Anmutung hinterleuchtet werden. Das Labor ist zugleich der Ort, an dem auch lichtaktive Interieurvorstellungen der großen Autohersteller mit Methoden der strukturierten Ideenfindung erste Gestalt annehmen.
Selbst Bus- und Schienenfahrzeughersteller geben sich bei den Textilforschern die Klinke in die Hand, denn textilvisuelle Effektmöglichkeiten auf Grundlage aktiver und passiver Leuchtfäden können ihren Mobilitätslösungen von morgen neue Impulse verleihen. „Wir treiben auch für LKW, Busse und Flugzeuge spannende Forschungen voran“, sagt Laborchef Dipl.-Ing. Christoph Riethmüller mit Verweis auf industriefinanzierte Projekte. Beispielsweise werde unter der Überschrift „emotionales Licht“ an einem neuartigen Lichtdesign gearbeitet, das mit der Wohlfühltemperatur im Bus koordinierbar ist. Auf diese Weise sollen subjektiv unterschiedliche Temperaturwahrnehmung der Reisenden mit der Lichtführung weitestgehend auf einen Nenner gebracht werden.
Spezialisiert auf den Bereich Lederforschung, hebt FILK-Chef Prof. Dr. Michael Stoll den Aspekt der Gewichtsreduzierung beim Interieur durch neue Materialkombinationen und neue Füge-, Verbund- und Beschichtungstechnologien wie textiler Leichtbau oder organische Elektronik hervor. Beim Thema Haptik/Softtouch/Wohlfühlverhalten richte sein Team die Aufmerksamkeit zum einen weiterhin auf die Bestimmung und Objektivierung haptischer Parameter; zum anderen stünde die gezielte Einstellung angenehmer berührhaptischer Eigenschaften durch neuartige Oberflächenstrukturierung und Beschichtungen auf dem Programm. Freiberger Wissenschaftler arbeiten überdies an einer passiven Sitzkühlung für mehr Sitzkomfort. Mit Blick auf die Elektromobilität wird dabei versucht, dank optimierter und geschickt kombinierter Materialien eine definierte Luftdurchlässigkeit bzw. Zirkulation zu erzeugen, ohne dabei andere Materialeigenschaften zu beeinflussen.

Denkendorfer Lichtlabor: Leuchtgarne als „Hauptdarsteller“ sind für Fahrzeughersteller generell von großen Interesse
Da Automotive und Luftfahrt auch für Textil besondere Technologietreiber sind, werden entsprechende Neuentwicklungen bald auch zum Interieur in Repräsentanzen, Banken und so manchem Haushalt gehören: Textilelemente mit wechselndem Wohlfühllicht, Hauseingänge mit textilen Leuchtmarkierungen, Gardinen und gewebte Wandelemente mit Licht- und Klimafunktion. Wir können also gespannt sein.
(Bild oben: In Chemnitz kreiert: Vlies-Nähgewirk mit besonders angenehmen Oberflächen zum Einsatz in PKW-Innenräumen)