Basalt. Shrimps. Vulkane. Forrest Gump. Königin.

Die meisten werden sich noch an den Film „Forrest Gump“ und die großartige Szene erinnern, in der Benjamin Buford Blue (kurz: Bubba) aufzählt, was er für verschiedene Arten von Shrimps-Zubereitungen kennt: „Es gibt Shrimps-Kebab, Shrimps Creole, Shrimps mit Gumbo…“. Ganz ähnlich verhält es sich mit Fasern: Da hätten wir Baumwollfasern, Keramikfasern, Wolle und Seide, Kohlenstoff-, Glasfasern, Fasern aus Pflanzen usw., und es gibt – festhalten – Fasern aus Vulkangestein. Richtig gelesen: G e s t e i n. Was hat es damit auf sich?

Fasern aus Vulkangestein werden aus Basalt, das durch seine typische Säulenform (s. Foto oben) überall auf der Welt gut zu erkennen ist, gewonnen und heißen dementsprechend Basaltfasern. Und weil mehr als 40 Prozent aller irdischen Gesteine zur Basaltfamilie gehören, dauerte es nach dem Durchbruch der Naturwissenschaften auch gar nicht lang, bis diese – Achtung: Wortwitz – zum Stein des Anstoßes wissenschaftlicher Auseinandersetzung wurden.

So löste Basalt im 18. Jahrhundert einen heftigen Streit zwischen den sogenannten Neptunisten („Die Erde und die Gesteine entstanden aus einem Urmeer – Basaltsäulen sind durch Kristallisation im Wasser ‚gewachsen‘.“) und den Plutonisten („Basalt ist als Resultat erkalteter Lava entstanden.“) aus. Es brauchte 50 Jahre intellektuellen Gezankes, dann war klar, dass nur Shrimps aus dem Meer kommen, nicht aber Basalt. Die Plutonisten lagen mit ihrer Vermutung also steinrichtig: Basalt ist erkaltetes Magma, hinterlassen von gigantischen Vulkanen, die vor Millionen von Jahren den Geist – oder vielmehr: das Feuer – aufgaben.

Im Angesicht des Vulkans: hier tritt bei bis zu 1.450 Grad Celsius geschmolzenes Basaltgestein fadenförmig aus Spinndüsen aus (Quelle: DBF GmbH, Sangerhausen)

Im Angesicht des Vulkans: hier tritt bei bis zu 1.450 Grad Celsius geschmolzenes Basaltgestein fadenförmig aus Spinndüsen aus (Quelle: DBF GmbH, Sangerhausen)

Brancheninsider sprechen daher gerne von „Vulkan rückwärts“, wenn sie beschreiben, wie man aus dem harten Gestein hauchfeine Fasern gewinnt: Dazu wird das abgebaute Basalt, das lokal von unterschiedlicher Qualität sein kann, bei bis zu 1.450 Grad Celsius aufgeschmolzen und so quasi in seinen Magma-Ursprungszustand versetzt. Die entstehende Schmelze wird im Anschluss regelrecht durch Keramikdüsen geschossen, an deren Ende die Basaltfaser austritt. Was dann kommt, dürfte sogar die Gralshüter des Coca-Cola-Rezepts vor Neid erblassen lassen: In geheimen Verfahren werden der Basaltfaser noch geheimere Additive zugegeben, um sie für ihren Einsatz in Werkstoffen, Bauteilen und Produkten im Maschinenbau, der Elektroindustrie, in Luft- und Raumfahrt und dem Automobilsektor aufzuhübschen. Dabei machen vor allem ihre hohe UV- und Temperaturbeständigkeit sowie ihre Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion die Faser zu einem interessanten Material für die Industrie. Aber auch so mancher Ball beim Squash lässt sich dank der erloschenen Vulkane mit Vollspeed an die Wand prügeln, denn mittlerweile werden sogar bei der Herstellung von Squashschlägern Basaltfasern zugegeben, um die Steifigkeit und somit die Kraftübertragung zu verbessern.

Basaltkönigin Jessica Lietze beim „1. Basalt Faser Forum“ Anfang Mai auf Burg Stolpen bei Dresden, bei dem Referenten aus Belgien, Deutschland, Georgien und Tschechien einen Einblick gaben in den aktuellen Stand aus Forschung, Entwicklung und Praxis der Basaltfaser

Basaltkönigin Jessica Lietze beim „1. Basalt Faser Forum“ Anfang Mai auf Burg Stolpen bei Dresden, bei dem Referenten aus Belgien, Deutschland, Georgien und Tschechien einen Einblick gaben in den aktuellen Stand aus Forschung, Entwicklung und Praxis der Basaltfaser

Aktuell forschen Textilwissenschaftler vor allem daran, die naturbedingten Qualitätsschwankungen des Basalts im Verarbeitungsprozess auszugleichen, um ein gleich bleibend hohes Niveau der Endprodukte zu erreichen. Wer sich ein Bild von den Fasern aus Gestein, die in den 1960 und -70er Jahren vor allem im Luft- und Raumfahrtsektor Karriere machten, bevor sie in den 80ern von Glas- und Carbonfasern verdrängt wurden, und über deren aktuelle Entwicklung machen möchte, wird auf der nächsten Techtextil (5.-7.5.2015) fündig – vielleicht gibt es dort obendrein ein gemeinsames Foto mit der dann 10. Basaltkönigin (s. Foto) abzugreifen.

Übrigens: Wir haben wirklich alles versucht, aus den Teilstücken des Textes eine sinnvolle Überschrift hinzubekommen, sind aber gescheitert. Wenn Ihr Vorschläge habt, meldet Euch bei uns – die beste Überschrift schafft es nachträglich an die Spitze dieses Textes, Vulkanier-Ehrenwort.

Bild oben: Naturdenkmal mit Orgeloptik: bis zu zwölf Meter lange Basaltsäulen mit einem Durchmesser von 20 bis 40 Zentimetern des 30 Meter hohen Herrenhausfelsen (Panská skála) in Tschechien (Quelle: Dr. Thomas Scholle, Stolpen)

Ronny Eckert

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