Aufprallschutz und selbstheilende Strukturen: Leichtbauideen gegen Crashfolgen

Während die Leichtbauzukunft Stoff für Strategiedebatten bietet, verursachen immer mehr CFK-Innovationen Schlagzeilen. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Autoingenieure sich vom „bloßen Haubenblech“ verabschieden: Aus der Textilforschung kommt ein Vorschlag für einen besseren Fußgängeraufprallschutz in Form einer intelligenten Motorhaube. Im Dresdner ITM wurde in Kooperation mit den Aachener Instituten für Textiltechnik (ITA) und Kraftfahrzeuge (ika) ein in die Motorhaube des VW „Golf V“ integrierter passiver Schutz aus textilen Abstandsmaterialien entwickelt. Die mechanisch, zugleich akustisch und thermisch wirkende 3D-Dämpfungsstruktur soll die Wucht eines Zusammenpralls Mensch – Technik so abfangen, dass die überlebenskritischen HIC-Werte entsprechend den EU-Vorgaben eingehalten werden.

Die Textilforschung schlägt auch andere Richtungen ein. Ein Beispiel sind Faserverbundwerkstoffe, die helfen, Bauteilschäden selbst zu reparieren. So wie der menschliche Körper sich nach einer Verletzung allmählich selbst heilt, sind bestimmte Faserverbundwerkstoffe zur Regeneration nach Schädigungen fähig. Neuartige Composites, so Forscher des Instituts für Textilchemie und Chemiefasern (ITCF) in Denkendorf, sollen etwa nach kleinem Crash ihre ursprünglichen Materialeigenschaften wiederherstellen. Durch spezielle Polymer-Technologien seien bereits bis zu 30 kontinuierliche Reparaturzyklen erreicht worden – entweder eigenständig oder durch UV-Licht oder Hitze induziert, hieß es. Darüber hinaus ermöglichten selbstheilende Materialien völlig neue Sicherheits-Features: Sie könnten helfen, die Funktionsfähigkeit z. B. von Reifen und Windschutzscheiben zu erhalten bzw. wiederherstellen.

Selbstheilende Strukturen (Quelle: ITCF Denkendorf): Selbstheilende Textilstrukturen könnten eines Tages vielleicht kleine Risse in der Leichtbaukarosserie reparieren

Selbstheilende Strukturen (Quelle: ITCF Denkendorf): Selbstheilende Textilstrukturen könnten eines Tages vielleicht kleine Risse in der Leichtbaukarosserie reparieren

Transferbeschleunigung auf der Tagesordnung

Ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung ist dabei das Transfertempo aus der Forschung in die Industrie. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist das Thema reproduzierbare Preformfertigung: Mutter: Institut für Textilmaschinen und textile Hochleistungswerkstoffe an der TU Dresden; Vater: Der seit 80 Jahren auf das Handling biegeschlaffer Materialien spezialisierte Maschinenbauer topcut bullmer GmbH aus Mehrstetten (Baden-Württemberg). Gemeinsam haben Forschung und Mittelstand mit automatisierten Auftragskonzepten für die lokale Binderapplikation zur Preformfertigung eine weitere Effizienzgrundlage zur Serienfertigung von Faserverbundstrukturen gelegt. Im Kern ging es darum, eine CNC-gesteuerte automatisierte Prozesskette mit Lege-, Sprüh- und Zuschnitttechnik für Gelege, die einlagig oder als Stapel zur weiteren Verarbeitung faltenfrei auf/in die Form des fertigen Bauteiles gelegt werden müssen, auf die Beine zu stellen.

Ein weiteres Beispiel ist der automatische Drapierbarkeits-Tester: Bei der Herstellung von Faserverbundelementen spielt die Drapierbarkeit, also Fähigkeit von Verstärkungstextilien, sich an die konstruktiv vorgegebenen Bauteilkonturen dreidimensional anzupassen, eine entscheidende Rolle. Wer in großen Stückzahlen maßgenaue faserbasierte Halbzeuge mit reproduzierbaren Qualitäten produzieren will, benötigt u. a. eine standardisierte Prüfmethodik zur Charakterisierung der Drapierbarkeit. Vorausgegangene Untersuchungen der Fertigungsparameter in ihrer Auswirkung auf die sphärische Verformbarkeit der Materialien durch das Institut für Textiltechnik an der RWTH University Aachen wurden auf ZIM-Grundlage in nur anderthalb Jahren von der in Mönchengladbach ansässigen Textechno Herbert Stein GmbH aufgegriffen und flossen in ein weltweit bisher einmaliges Prüfgerät ein: Mit dem inzwischen in Serie hergestellten DRAPTEST lassen sich Drapierfehler an Gelegen und Geweben quantitativ erfassen.

Beitragsbild: Quelle –  S. George

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