Alles „fleect”
Im Rahmen der Fashion Week Mitte Januar in Berlin startete die Messe Frankfurt mit der „FashionSustain“ ein neues Konferenzformat rund um nachhaltige Textilthemen. Ziel der künftig zweimal jährlichen Veranstaltung: Einen kritischen Diskurs über die Zukunft der Modebranche anregen.
„Ich konnte schwimmen, bevor ich laufen konnte“, sagte Umweltaktivistin Alexandra Costeau in der Berliner Event-Location Kraftwerk. Viele Plätze ihrer (Unterwasser-)Kindheit seien jedoch inzwischen verschwunden, so die Enkelin des berühmten Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau, die auf der FashionSustain-Bühne vor Hunderten Fachbesuchern aus der internationalen Textil- und Modeindustrie zu einem drängenden Thema sprach, das die Branche seit längerem umtreibt: Mikroplastik im Meer. Fashion habe globalen Einfluss auf die Umwelt, mahnte Costeau; deshalb müssten die Menschen die Konsequenzen auch ihres Trageverhaltens verstehen: „Die Zukunft ist das Resultat unserer heutigen Handlungen.“
Fleece aus Biofasern
Zu diesen Handlungen gehört unter anderem das Tragen von Fleece-Jacken. Es kursieren Angaben, nach denen das Material von 100.000 Fleece-Jacken in etwa jenem von fast 12.000 Plastiktüten entspricht. Das Problem: Während der beliebte Outdoor-Stoff die Wärme des Trägers bei Wind und Wetter gut am Leibe hält, gibt er sich in der Waschmaschine durchaus freigiebiger: Dort lässt das Material bei jedem Waschgang Mikroplastik in Form feinster Kunststofffasern frei, die so klein sind, dass kein Filter sie halten kann auf ihrem Weg in Grundwasser und Weltmeere. „Nachhaltiges Fleece ist eine echte Herausforderung für die Branche“, sagt Vertriebler David Stauß am Stand des Outdoor-Ausrüsters Vaude auf der ebenfalls im Kraftwerk gastierenden Ethical Fashion Show Berlin, auf der Modelabels nachhaltige und fair produzierte Bekleidung, Schmuck und Accessoires präsentierten.

Paradebeispiel für nachhaltige Kooperation: Für die Green Shape Core Collection arbeitete Vaude zusammen mit DSM, Lenzing, Primaloft und Q-Milk / Foto: Thomas Niedermüller / Getty Images
Bei dem Unternehmen aus Tettnang am Bodensee hat man deshalb eine Fleece-Jacke auf Basis einer aus Holz gewonnenen Faser des österreichischen Faserherstellers Lenzing entwickelt. Zwar werden aus dieser Bio-Fleece-Jacke ebenfalls Mikroteile ausgewaschen, doch die zersetzen sich – typisch Bio – im Unterschied zu Plastik rasend schnell. Diese ökologische Weitsicht brachte Vaude als Marke den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2015. Und der nächste Gipfel ist schon angepeilt: „Wir wollen Europas nachhaltigste Outdoor-Marke werden“, so Stauß.

Noch eine nachhaltige Textilinnovation: Sebastian (l.) und Matthias Thies präsentierten in Berlin unter anderem Schuhe aus Schiefer (links mit weißer Sohle) und Gummistiefel aus Mais